Das Reiterbogenschießen Yabusame im Sumida-Park Tokyo Asakusa 16.4.2016
Ich hatte Toyama als Übernachtungsort gewählt, weil man von dort mit dem Shinkansen auch schnell in Tokyo ist, mit dem Kagayaki (reservierungspflichtig) dauert es nur gut zwei Stunden. Und dass Ueno ein Shinkansen-Halt ist, trifft sich besonders gut, wenn das Event in Asakusa stattfindet.
Konkret war das gestern ein Yabusame, das ist ein Reiterbogenschießen. Dieser Wettbewerb steht in einer jahrhundertealten Samurai-Tradition. Entlang einer Strecke von gut 250 Metern sind drei Ziele in jeweils 70 Meter Abstand aufgebaut, dabei handelt es sich jeweils um quadratische dünne Holzbretter, die rautenförmig in einem Ständer stecken. Der Bogenschütze versucht im schnellen Vorbeiritt möglichst viele davon zu treffen. Vom altgedienten Schützen mit über 25 Jahren Erfahrung bis zum Schüler reicht das Teilnehmerfeld, eine Frau und einige Ausländer sind auch dabei, überwiegend sind es wohl traditionsreiche Familien. Wenn ich mich recht erinnere, waren es 24 Teilnehmer.
Ich hatte schon im Internet recherchiert, es wurde empfohlen, den Vorverkauf für die Ticketsa zu nutzen, so rechnete ich damit, nur von weitem ein wenig vom Event einzufangen, und war überrascht, dass vor Ort noch Tickets für Sitzplätze verkauft wurden.
Der noch erhältliche “D Block” zum einheitlichen Kartenpreis von 3000 Yen entpuppte sich aber nur in der Theorie als Logenplatz zum Sitzen. Es waren zwar einige Bänke aufgestellt, aber um etwas zu sehen, musste man sich zu den anderen Zuschauern an das Geländer stellen, unter dem auch noch eine zum “B Block” gehörende Rampe mit Zuschauern den Blick auf die Strecke einschränkte. Die Blocks A, B und C sind außerdem gegenüber einem der drei Ziele angeordnet, Block D dagegen zwischen dem ersten und zweiten Ziel, immerhin war das zweite Ziel noch ganz gut sichtbar.
Das Reiterbogenschießen an sich lässt sich bis zur Zeit von Kaiser Temmu (Ende 7. Jahrhundert) zurückführen und ist in der Chronik Nihon Shoki beschrieben. Wobei die Details zur Tradition je nach Quelle abweichen, ich stütze mich hier mal auf das Handout, das in Asakusa verteilt wurde. Demnach blühte das Yabusame in der Kamakura-Zeit als von Shogun veranlasste Veranstaltung auf, wurde allerdings später nur noch am Hachimangu-Schrein in Kamakura zelebriert. Nach einer Pause von mehreren Jahrhunderten, wo es nur örtlich an einigen Schreinen begangen wurde, wurde das Ritual in der Edo-Zeit unter Tokugawa Yoshimune 1728 als Großveranstaltung wiederbelebt, wobei der Hasamimono-Stil der Edo-Zeit vom alten Stil abweicht. Heute werden beide Stile an unterschiedlichen Orten im Land praktiziert.
(Tatsächlich hatte ich ursprünglich die Veranstaltung in Kamakura auf meiner Agenda, die wäre heute gewesen, der von mir inzwischen hauptsächlich betrachtete Eventkalender (hier April 2016) hat mich aber auf das Event in Asakusa gebracht, das von der Anreise her auch praktischer war.)
Die Offiziellen sind an der hohen schwarzen Haube zu erkennen.
Die Schützen dagegen haben einen Strohhut mit breiter Krempe und einem pilzförmigen Aufbau. Der Schütze hat seinen Bogen in der Hand und einen Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken. Die beiden grün gekleideten Helferinnen rechts halten jeweils eins der Ziele in den Händen.
Zwei weitere Schützen, einer zu Fuß und einer zu Pferd:
Erstmal ist es ein Hin und Her, die Schützen schreiten die Strecke ab und kehren dann wieder zum Start zurück.
Dieser Teilnehmer trägt Hirschfell an den Beinen.
Vor dem Yabusame fand übrigens ein weiteres Event statt, zu dem ich aber zu spät dran war: Kusajishi ist eine Übung, wo aus Stroh gebundene Hirschfiguren als Ziele für das Bogenschießen aus dem Stand dienen. Es soll 1194 als Zielübung für die Wildjagd von Yoritomo Minamoto, dem ersten Shogun der Kamakura-Zeit, eingeführt worden sein. Es handelt sich nicht um ein formales Ritual sondern um eine sportliche Übung.
Schließlich konnte es losgehen. Jeweils sieben Teiolnehmer bildeten ein Rennen und startetetn nacheinander. Danach kehrte die Gruppe langsam zurück und verneigte sich vor den Schiedsrichtern. Wenn ein Schütze alle drei Ziele getroffen hat, erhält er von den Schiedsrichtern ein weißes Band überreicht.
Hier ist gerade ein Teilnehmer unmittelbar vor dem Abschuss auf das zweite Ziel:
Die hellblaue Wand hinter dem Ziel dient zum Auffangen der Pfeile - primär der danebengegangenen, aber das Zielbrett ist dünn und wird bei einem guten Treffer durchschlagen. Außerdem ist sie den Schützen sicher eine Hilfe, das Ziel besser zu sehen.
Die Vorbereitung des Bogens muss natürlich rechtzeitig passieren, also sobald der vorige Pfeil abgeschossen ist. Eingie Teilnehmer haben auch das zweite Ziel ausgelassen, weil es wohl vom TIming her nicht mehr reingepasst hat.
Pfeil beim Einschlag, der Riss im Brett ist schon erkennbar. Mit meiner Hobbykamera ist sowas aber echt ein Zufallstreffer! ;)
Das habe ich gerade nachträglich für euch rangezoomt, das ursprüngliche Foto sieht so aus:
Wie gesagt, jeweils nach sieben Schützen erfolgt deren Rückkehr zum Start. Neben dem Strohhut mit dem pilkzfürmigen Aufsatz ist dies der andere unter den Teilnehmern verbreitete Reiterhut:
Die Kulisse mit den noch blühenden Kirschbäumen gibt der Veranstaltung einen hübschen Rahmen. Die verbreitetste Art, Somei Yoshino, hat inzwischen nicht nur die Blütenblätter sondern auch die roten Samenblätter weitgehend verloren und zeigt sich daher im Laubgrün, aber es gibt zahlreiche andere, später blühende Arten und Varianten.
Die unterschiedlichen Symbole, die auf den weißen Tuchwänden entlang der Strecke aufgedruckt sind, sind übrigens Familienwappen. Einige davon sind in dieser Liste der Samurai-Wappen zu finden.
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